Ringeltaube

Die Ringeltaube (Columba palumbus) ist eine Vogelart aus der Familie der Tauben (Columbidae). Sie ist die größte Taubenart Mitteleuropas und hier durch die weißen Flügelbänder und den weißen Halsstreifen kaum zu verwechseln. Sie besiedelt weite Teile der Paläarktis von Nordafrika, Portugal und Irland nach Osten bis Westsibirien und Kaschmir. Ringeltauben bewohnen bewaldete Landschaften aller Art, aber auch Alleen, Parks und Friedhöfe, heute auch bis in die Zentren der Städte. Die Ernährung erfolgt wie bei den meisten Arten der Familie fast ausschließlich pflanzlich. Die Ringeltaube ist je nach geografischer Verbreitung Standvogel, Teilzieher oder überwiegend Kurzstreckenzieher und verbringt den Winter vor allem in West- und Südwesteuropa. Die Art ist trotz der starken Bejagung in vielen Ländern ein häufiger Brutvogel und in Europa nicht gefährdet.

Ringeltauben sind große, kräftig gebaute Tauben mit relativ langem Schwanz und recht kleinem Kopf. Mit einer Körperlänge von 38–43 cm und einer Flügelspannweite von 68–77 cm sind sie die größten Tauben Mitteleuropas. Der Geschlechtsdimorphismus ist bezüglich Größe und Gewicht schwach ausgeprägt, Männchen sind etwas größer und schwerer als Weibchen. So hatten frischtote Männchen aus Ostdeutschland eine Flügellänge von 240–267 mm, im Mittel 254 mm; Weibchen erreichten 238–260 mm, im Mittel 249 mm. Das Gewicht unterliegt saisonalen Schwankungen und ist im Herbst und frühen Winter durch die Anlage von Depotfett am höchsten. Zum Beispiel wogen in Südschweden von August bis September gesammelte adulte Männchen 465–613 g, im Mittel 539 g; Weibchen wogen 420–600 g, im Mittel 498 g; von Dezember bis März dort gesammelte Männchen wogen im Mittel 498 g; Weibchen im Mittel 478 g.

Bei adulten Ringeltauben der Nominatform sind der vordere Rücken und der Schulterbereich schiefergrau bis graubraun, der übrige Rumpf ist oberseits blaugrau. Kropfbereich und Brust sind diffus gräulich weinrot, zum Bauch hin wird die Färbung heller und ist vor den Unterschwanzdecken sehr hell grau. Der Kopf ist blaugrau. Auf den Halsseiten und im Nacken befinden sich von oben nach unten ein grünes metallisch schimmerndes Band, dann nur auf den Halsseiten ein weißer Fleck und dann wiederum auf Halsseiten und Nacken ein glänzend purpurrotes Band. Die inneren Armdecken, die großen Handdecken und der Daumenfittich sind schiefergrau. Die Außenfahnen der äußeren Armdecken sind überwiegend weiß und die äußersten Armdecken sind vollständig weiß; hierdurch entsteht ein auffallendes weißes Band auf dem Oberflügel. Die Handschwingen sind schwarzgrau, die Außenfahnen der 1. bis 9. Handschwingen haben einen schmalen, scharf abgesetzten, weißen Saum, dieser Saum ist an der 10. (äußersten) Handschwinge nur diffus ausgeprägt. Die Armschwingen sind überwiegend aschgrau. Die Steuerfedern sind oberseits an der Basis breit blaugrau, dann folgt eine diffuse, hellgraue Subterminalbinde und eine breite schwarze Endbinde.

Der Schnabel ist an der Basis rosa bis rot, am Ende orange bis gelblich mit einer hornfarbenen Spitze. Die fleischige Membran über den Nasenöffnungen ist weiß. Die Beine und Zehen sind hell- bis dunkelrot. Die Iris ist hellgelb.

Die Geschlechter sind äußerlich sehr ähnlich, Weibchen zeigen an der Brust eine weniger starke Rotfärbung und die weißen Flecke an den Halsseiten sind etwas kleiner. Das Dunenkleid der Nestlinge ist hell strohfarben und haarartig. Im Jugendkleid fehlt die grüne, rote und weiße Halszeichnung der adulten Tiere und die Konturfedern haben schmale, hell rotbräunliche Säume. Die Halszeichnung wird bereits bei der Jugendmauser des Kleingefieders ausgebildet, sie erscheint je nach Schlupfdatum des Jungvogels meist zwischen August und Dezember des Geburtsjahres. Die Iris ist bei juvenilen Vögeln gelblich weiß.

Der Reviergesang ist ein dumpfes, heiseres und nicht sehr lautes Gurren, das mit einem „rúhgu, gugu“ beginnt. Danach folgt ein 2 bis 13, meist aber 4 bis 5 mal wiederholtes fünfsilbiges „rugúgu, gugu“ und schließlich am Ende meist ein kurzes „gu“. Der Balzruf ist ein kürzeres „grrugu-rú“.

Die Jugendmauser ist eine Teilmauser und beginnt bereits in der sechsten oder siebten Lebenswoche. Sie umfasst das Kleingefieder sowie einen Teil der Armschwingen und der Handschwingen. Die Handschwingenmauser beginnt bei der innersten (ersten) Handschwinge und wird im November oder Dezember unterbrochen, bis dahin sind meist die inneren fünf oder sechs Handschwingen erneuert. Die Kleingefiedermauser wird über den Winter fortgesetzt. Die Handschwingenmauser wird im Frühjahr fortgesetzt oder beginnt dann erneut von vorn mit der innersten Handschwinge. Die Steuerfedern werden erst im Alter von vier bis sechs Monaten vermausert.

Die Mauser der adulten Vögel erfolgt als Vollmauser, sie beginnt im März oder April und dauert bis November oder Dezember.

Die Art besiedelt weite Teile der Paläarktis von Nordafrika, Portugal und Irland nach Nordosten bis Westsibirien, nach Südosten über Kleinasien bis zum Tian Shan und bis Kaschmir. Sie kommt in fast ganz Europa vor und fehlt hier nur im äußersten Norden etwa ab 67 °N.

Ringeltauben bewohnen bewaldete Landschaften aller Art, gegebenenfalls reichen für eine Ansiedlung aber auch einzelne Bäume oder Büsche, und wenn auch diese fehlen, brüten die Tiere z. B. in Dünen, auf Strandwiesen oder in Getreidefeldern auch auf dem Boden. Bruten im besiedelten Bereich sind in Europa mindestens seit 1821 bekannt, heute brüten Ringeltauben in Alleen, Parks und auf Friedhöfen vielfach auch bis in die Zentren der Städte. Die Brutplätze dürfen nicht zu weit von geeigneten Nahrungshabitaten entfernt sein, das sind in Europa heute vor allem landwirtschaftlich genutzte Bereiche wie Grünland und Äcker, aber auch die zur Brut genutzten Wälder und Grünanlagen. Die Nahrungsflüge können sich je nach Angebot auf die Nestumgebung beschränken, aber auch regelmäßig über Entfernungen von 10 bis 15 km erfolgen.

Die Nahrungssuche erfolgt sowohl auf dem Boden, als auch, im Gegensatz zu den anderen mitteleuropäischen Tauben, zu erheblichen Teilen auf Bäumen und Sträuchern. Die Art ist bei der Nahrungssuche außerhalb der Reviere gesellig und bildet hier oft kleine Schwärme. Die Nahrung ist wie bei den meisten Arten der Familie fast ausschließlich pflanzlich. Hauptnahrung sind in Europa Eicheln, Bucheckern und Getreidesamen. Daneben wird jedoch je nach dem lokalen Angebot ein sehr breites Spektrum weiterer Vegetabilien gefressen, dazu zählen grüne Blätter, Knospen und Blüten verschiedenster Pflanzen, Beeren und andere Früchte, Wurzelknollen (z. B. Kartoffeln oder Rüben), sowie Eichengallen. Städtische Populationen können sich hauptsächlich von Brot und anderen Backwaren ernähren. Tierische Nahrung wird gelegentlich aufgenommen, am häufigsten offenbar Schildläuse sowie Schmetterlingsraupen und -puppen, vereinzelt auch andere Gliederfüßer und Regenwürmer. Offenbar zur Deckung des Kalkbedarfs werden manchmal kleine Mollusken gefressen.

Ringeltauben sind im Mai oder Juni des auf die Geburt folgenden Jahres geschlechtsreif. Die Tiere leben überwiegend in einer monogamen Saisonehe, zumindest bei nicht ziehenden Populationen kommen offenbar auch Dauerehen vor. Die Reviergründung erfolgt durch die Männchen. Gegen Artgenossen wird nur die Nestumgebung als Revier verteidigt. Die Größe des Reviers ist in Abhängigkeit von der Siedlungsdichte sehr variabel; bei sehr hoher Siedlungsdichte kann das Revier nur aus dem zur Brut genutzten Baum bestehen. Die Balz beginnt im März oder April, bei städtischen Populationen jedoch oft schon im Winter. Mit dem Beginn der Eiablage geht die Balzaktivität zurück, bedingt durch die sehr lange Brutsaison sind balzende Tiere jedoch bis in den September hinein häufig zu beobachten. Die Balz umfasst neben den häufigen Rufen auch einen Balzflug des Männchens. Dabei fliegt das Männchen von einer hohen Warte 20 bis 30 m steil nach oben und klatscht dabei oft laut mehrfach mit den Flügeln. Dann gleitet es mit waagerecht gestreckten Flügeln und gespreiztem Schwanz abwärts. Dieser Balzflug wird häufig zwei bis fünf mal wiederholt und erstreckt sich dann in einem großen Bogen durch das Revier und bei sehr kleinen Revieren auch darüber hinaus.

Das Männchen bietet Nistplätze an, die endgültige Auswahl erfolgt durch das Weibchen. Das Nest wird überwiegend auf Bäumen oder großen Sträuchern gebaut, wobei vor allem der Sichtschutz wichtig ist. Daher werden im Frühjahr und im Herbst meist Nadelbäume bevorzugt. Die Art ist bei der Wahl ihrer Brutplätze jedoch sehr anpassungsfähig; wo größere Bäume fehlen, werden die Nester auch niedrig in Hecken angelegt und wenn auch diese fehlen, brüten Ringeltauben vor allem auf Inseln auch auf dem Boden. In Städten werden die Nester auch an Gebäuden in Nischen oder auf Vorsprüngen errichtet.

Das Nest ist eine dünne Plattform mit einer mittigen Mulde und wird aus dünnen, meist unbelaubten Zweigen gebaut. Neue Nester sind oft so durchscheinend, dass die Eier von unten zu sehen sind. Meist bringt das Männchen Material zum Nestplatz, das dann vom Weibchen verbaut wird. Der Nestbau dauert meist 6–13 Tage, mitunter auch nur 2 Tage. Die Nester werden häufig wiederholt benutzt, gelegentlich werden die Nester anderer Vogelarten als Nestunterlage verwendet. Die Eiablage erfolgt in Mitteleuropa ausnahmsweise bereits Ende Februar, beginnt jedoch meist erst im April oder Mai. Zwei Jahresbruten sind häufig, drei kommen vereinzelt vor. Die letzten Gelege werden meist bis Mitte September begonnen, selten auch noch im Oktober. Das Gelege besteht fast ausschließlich aus 2 Eiern, nur selten aus nur einem Ei. Die Eier sind weiß, matt glänzend und annähernd elliptisch. Eier aus Belgien messen im Mittel 40,3 x 29,6 mm, Serien aus anderen Gebieten West- und Mitteleuropas ergaben sehr ähnliche Werte.[7]

Die Brutzeit beträgt 16–17 Tage. Die Nestlingszeit dauert im Mittel 28–29 Tage, mit etwa 35 Tagen sind die Jungvögel voll flugfähig. Die Nestlinge werden wie bei allen Tauben mit Kropfmilch gefüttert, erhalten jedoch vom ersten Tag an auch die pflanzliche Nahrung, die die Eltern fressen. Deren Anteil wächst mit zunehmendem Nestlingsalter, Pflanzenteile machen am dritten Lebenstag der Nestlinge etwa 8 %, in der dritten Woche schon etwa 80 % der Nestlingsnahrung aus. Der Zeitpunkt der letzten Fütterung ist sehr variabel, liegt aber meist zwischen dem 26. und dem 40. Lebenstag. Bei Folgebruten füttert häufig nur noch ein Elternteil die Jungvögel.

Bei Untersuchungen in Halle und London wurden jeweils nur aus 33 % aller Brutversuche Junge flügge. Bei erfolgreichen Bruten wurden in Halle im Mittel 1,7 Jungvögel flügge, in London und bei Cambridge jeweils 1,5 Jungvögel. Der überwiegende Teil der Gelegeverluste wird von Rabenvögeln verursacht. Besonders die Gelege früher Bruten sind durch Prädatoren gefährdet, da hier die Altvögel aufgrund der noch relativ schlechten Nahrungsverfügbarkeit oft so lange auf Nahrungssuche sind, dass das Nest zeitweise unbewacht bleibt. Die Mehrzahl der Nestlingsverluste ist hingegen offenbar vor allem auf Nahrungsmangel und schlechtes Wetter zurückzuführen, hier spielt Prädation wohl eine geringere Rolle.

 

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