Nachtreiher
Nachtreiher sind etwa bussardgroß und haben eine gedrungene, etwas geduckte Gestalt und erinnern dadurch an Rohrdommeln. Die Flügel bei ausgewachsenen Vögeln sind außen aschgrau. Der Rücken ist schwarz; sonst ist der Nachtreiher weißlich gefärbt. Jüngere Nachtreiher sind dunkel braungrau gefärbt, flügge Jungvögel sind dunkelbraun und auffällig weißgelb längs getropft. Nachtreiher fliegen eulenartig und geräuschlos; sie wirken auffällig rund- und breitflügelig und sind im Fluge leicht am schaukelnden Flugstil kenntlich.
Nachtreiher sind fast kosmopolitisch verbreitet. Sie kommen in Europa, Asien, Afrika und Amerika vor. In Afrika sind Nachtreiher Jahresvögel in Gebieten mit dauernden Niederschlägen. In vielen weiteren afrikanischen Regionen tauchen sie als Regenzeitgäste auf. Das mittlere Asien besiedeln Nachtreiher von Kleinasien und Israel bis Kasachstan und Kirgisien ebenso ganz Südasien, China bis zur nördlichen Grenze, die südliche Mandschurei und die japanischen Inseln, die Sundainseln und die Philippinen. In Europa brüten Nachtreiher in Südportugal und Zentral- und Südspanien, in Frankreich (z.B. Dombes und Camargue), in Italien, Sizilien, auf der Balkanhalbinsel mit Ausnahme Griechenlands. In Rumänien und in Südrussland ist der Nachtreiher der häufigste Reiher.
In Mitteleuropa waren Nachtreiher im 19. Jahrhundert Brutvögel in verschiedenen Ländern, aus denen sie dann aber um die Jahrhundertwende wieder verschwanden. Nach dem 2. Weltkrieg wurden aber gleichzeitig in Italien, Frankreich und Ungarn neue Kolonien gegründet und Vorstöße nach Mitteleuropa unternommen. Heute brüten Nachtreiher in Mitteleuropa in Ungarn, wo sie nach dem Graureiher die häufigste Reiherart sind, in Tschechien, der Slowakei, in Österreich regelmäßig an March und Thaya, in Deutschland in Bayern und an der Lausitz und in den Niederlanden u.a. im Biesbos (dem Mündungsgebiet der Waal). In den letzten Jahren werden immer häufiger auch an anderen Orten herumstreifende Nachtreiher angetroffen. Offensichtlich findet eine langsame Arealerweiterung statt. So hat der Nachtreiher eine große Kolonie in Schottland gegründet.
Die Vögel fühlen sich in Niederungs- und Sumpfgebieten wohl, die möglichst auch einige Baumgruppen und Einzelbäume aufweisen sollten. Wasserreiche Auen und Sumpfwälder werden besonders gern besiedelt. Manchmal kommen sie aber auch in offenen, baum- und strauchlosen Sümpfen vor. Nachtreiher lieben beim Brüten die Geselligkeit und kommen auch in Gesellschaft mit anderen Reihern vor. Ihre Schlafplätze liegen oft weit entfernt vom Wasser.
Vor allem erbeuten Nachtreiher Frösche, mit denen auch die Jungen hauptsächlich gefüttert werden, Fische bis etwa 40 cm Länge und sowohl im Wasser wie auf dem Lande lebende Insekten und deren Larven; Blutegel und Amphibienlarven werden gerne aufgenommen, manchmal auch Mäuse und nestjunge Vögel. In den Reiherkolonien tritt der Nachtreiher als Nesträuber in Erscheinung, der den anderen Reiherarten die Jungen aus dem Nest stiehlt.
Vorzugsweise in der Dämmerung und nachts schreiten Nachtreiher in bedächtigen und langsamen Bewegungen ihr Nahrungsgebiet ab. In der Brutzeit suchen sie auch tagsüber Nahrung. Nachtreiher klettern auch vorzüglich im Gezweig und Röhricht herum. Ihre langen Zehen sind ihnen dabei eine Hilfe.
Männchen und Weibchen erbauen gemeinsam den Horst. Gern beziehen sie auch jedes Jahr wieder die alten Kolonien und bessern das Nest des Vorjahres aus, wenn es noch vorhanden ist. Beide Partner wechseln sich auch beim Brüten ab und lösen sich etwa alle 2-4 Stunden am Nest ab. Dabei begrüßen sie sich jeweils mit verschiedenen Zeremonien und kopulieren anfangs häufig. Sie ernähren sich jeweils selbst. Nach Ablage des ersten Eies beginnt das Männchen sofort zu brüten. Ein vollständiges Gelege besteht aus 3-5 Eiern, meistens sind es 4. Normalerweise brüten die Reiher nur einmal im Jahr, aber auch Zweitbruten kommen vor. Von Ende April bis Ende Juni findet die Eiablage statt. In Wageningen (NL) schlüpften junge Nachtreiher noch bis zum 17. Juli. Nach 21 Tagen schlüpfen die Jungen, die nach 3-4 Wochen ihr Nest verlassen, um kleine Ausflüge zu unternehmen und um Beutefang- und Flugübungen zu unternehmen. Die Jungen werden aber von den Altvögeln noch längere Zeit betreut und sind erst mit 7-8 Wochen selbstständig.
Die rauen, heiseren Rufe der Nachtreiher erinnern etwas an die Rufe eines Raben. Sie klingen wie "quack", oder "hwack". Vor allem hört man die Rufe von abends fliegenden Vögeln. Die Ehepartner begrüßen sich mit einem "quack, quack" und kraulen sich gegenseitig das Gefieder mit einem quarrenden „wa-wa-wa-wa“. Daneben sind auch gutturale, raue und heisere Rufe am Brutplatz zu hören.